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[AZ] Stadt kündigt Taxibetrieb

„Hinweise auf rechtsextremes Gedankengut“ – keine Schülerbeförderung mehr

Binnen kürzester Zeit hat die Stadt Uelzen auf ein Schreiben der Antifaschistischen Aktion (Antifa) Lüneburg/Uelzen reagiert,

in dem die Antifa darauf hinweist, dass der Besitzer eines Uelzener Taxiunternehmens seine offensichtlich extrem rechte Gesinnung öffentlich zur Schau trägt.

Ute Krüger, Pressesprecherin der Stadt, gestern auf Nachfrage der AZ: „Unmittelbar, nachdem das Schreiben bei uns im Rathaus eingegangen ist, haben wir die Inhalte geprüft und bei dem Taxiunternehmer im Internet deutliche Hinweise auf rechtsextremes Gedankengut gefunden. Da das Taxiunternehmen für die Stadt Uelzen auch Fahrten zur Schülerbeförderung durchführt, haben wir gestern die Schülerbeförderung durch das Taxiunternehmen ausgesetzt und einen Notfallplan zur Beförderung der Schüler aufgestellt.“

Damit nicht genug – Ute Krüger: „Wir haben gegenüber dem betroffenen Taxiunternehmen angekündigt, dass wir den schriftlichen Vertrag kündigen. Diese Kündigung wird derzeit vorbereitet.“ Nach Mitteilung der Pressesprecherin sei die Stadt nicht nur durch das Antifa-Schreiben, sondern auch durch Hinweise aus Schulen auf den Taxiunternehmer aufmerksam geworden.

Hintergrund: Die Antifa hatte geschrieben, dass „mehrfach von Schülerinnen und Schülern berichtet worden war, dass während der Fahrten mit dem Taxiunternehmen in den Taxen neonazistische Musik gehört worden war“. Auf der Facebook-Seite verweise der Besitzer des Taxiunternehmens unter anderem auf die Band „Lunikoff-Verschwörung“. Diese Musikgruppe gelte nach Informationen der Antifa als eine der bekanntesten Gruppen der Neonaziszene. Auf der sogenannten „Schulhof-CD“ der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) zur Bundestagswahl 2009 sei die „Lunikoff-Verschwörung“ mit dem Lied „Frei geboren“ vertreten gewesen.

Mehrere Fotos, die der Antifa nach eigenen Worten vorliegen, würden den Besitzer des Uelzener Taxiunternehmens mit in der Naziszene beliebten T-Shirt-Aufdrucken – beispielsweise „Masterrace (englisch: Herrenrasse“) und der unter Hooligans beliebten Marke „Ostdeutscher Freistil“ – zeigen.

„Ein Blick auf Facebook und ins Internet würde genügen – der Unternehmer macht keinen Hehl aus seiner politischen Gesinnung“, betonte Olaf Meyer von der Antifa Lüneburg/Uelzen. Privat wolle Meyer dies nicht bewerten, „doch im Zusammenhang mit Fahrten zur Schülerbeförderung muss die Stadt reagieren“.

Der Taxiunternehmer selbst wollte sich gestern gegenüber der AZ nicht äußern. „Dazu kann ich nichts sagen, dazu gebe ich keine Antwort“, so seine Aussagen. Erst am Freitag wolle er sich äußern, ergänzte er.

Quelle:
http://www.az-online.de/lokales/landkreis-uelzen/uelzen/stadt-kuendigt-taxibetrieb-2331008.html

[AZ] Drei weiße „Nazi-Lücken“

Uelzener Bündnis gegen Rechts hängt Bild des ehemaligen Bürgermeisters Johann Maria Farina ab

In der Galerie der Bürgermeister im Uelzener Rathaus klaffen gestern drei große Löcher: Die Portraits der früheren Bürgermeister mit Nazi-Vergangenheit wurden am Mittag im VA-Saal abgehängt: „Uns reicht’s“, erklären die Mitglieder des Uelzener „Bündnisses gegen Rechts“.

Rund 15 Mitglieder des Bündnisses gegen Rechts und der Initiative „Keine Nazistraßen in Uelzen“ überreichten Uelzens Bürgermeister Otto Lukat die abgehängten Bilder in einem braunen Sack.

Im Nu ist der Bilderrahmen mit dem Portrait des früheren Bürgermeisters Johann Maria Farina in einem „braunen Sack“ verschwunden. Für Stadtdirektor Karl Sievers (1946-1947) und Bürgermeister Alfred Krüger (1964-1972) haben die Aktivisten ebenfalls zwei Stoffbeutel mitgebracht, die dann samt Fotos in den „braunen Plastik-Müllsack“ gestopft werden.

Etwa 15 kritische Bürger des „Bündnisses gegen Rechts“ und der Initiative „Keine Nazistraßen in Uelzen“ beteiligen sich gestern an der Aktion. Sie übergeben den ordentlich zugebundenen Sack dem Bürgermeister, der zunächst nicht im Hause ist, aber just in dem Moment das Rathaus betritt. „Ich werde doch nun nicht in Ihrem Müll herumwühlen“, sagt er völlig ahnungslos. Als er jedoch erkennt, dass sich in dem Sack die Bilder der „abgehängten“ Bürgermeister befinden, reagiert er zunächst ungehalten: „Das lasse ich mir nicht gefallen“, schimpft er, während er den Weg zu seinem Büro einschlägt. „Die kriegen eine Anzeige, das ist eine Unverschämtheit.“

Später allerdings hat sich das Stadtoberhaupt schon wieder gefangen: „Das ist schon ein starkes Stück“, sagt er im AZ-Gespräch, „dass sich hier Bürger rechtswidriger Handlungen bemüßigen.“ Schließlich habe man mit der Aktion in sein Hausrecht eingegriffen.

Zwar sei der VA-Saal nicht – wie üblicherweise – verschlossen gewesen, dennoch handele es sich hierbei nicht um einen öffentlich zugänglichen Bereich des Rathauses, so Lukat. Von einer Anzeige will der Bürgermeister nun aber doch absehen. „Man soll auch keien Märtyrer schaffen“, begründet er, betont aber gleichzeitig, dass er sich eine Wiederholung verbitte und die Aktivisten auf ihr widerrechtliches Handeln noch hinweisen werde.

Seit Monaten versucht das Bündnis, den Bürgermeister zu bewegen, das Bild von Farina abzuhängen. „Wir vom Bündnis Rechts sind der Auffassung, dass in einem demokratischen Raum kein Bild eines Nazi-Bürgermeisters hängen kann“, erklärt Sprecherin Caritas Neuschäfer. Beschämung sei angebracht, wenn Jahr für Jahr am 9. November im großen Ratssaal der Opfer des Nazi-Terrors gedacht würde, während nur einige Meter entfernt Bilder der Täter hingen, zu denen auch ein Alfred Krüger gehöre. Den symbolischen Akt, den die Initiative schon länger vom Hausherrn und vom Stadtrat fordert, hat das Bündnis gegen Rechts am gestrigen Mittag nun selbst vollzogen.

nstatt einer einmaligen Symbolik die Bilder hängen zu lassen, um einer dauerhaften und anregenden Auseinandersetzung Anlass zu bieten – das hatte er dem Bündnis auch schriftlich verdeutlicht. „Der Stadt wird vorgeworfen, dass sie diese Männer ehrt“, erklärt der Bürgermeister, „meiner Meinung nach ehren wir sie aber nicht. Es handelt sich bei den Bildern um eine komplette Darstellung der Geschichte.“ Mehr noch: Wer ihm und der Stadt vorwerfe, die Augen vor der Vergangenheit zu verschließen – wie gestern geschehen – dem hält Lukat entgegen: „Es verschließen diejenigen die Augen vor der Vergangenheit, die sie eliminieren.“

Schon seit Monaten sorgt die Initiative für Unruhe: Sie fordert die Rücknahme des Ratsbeschlusses von 1967 für die Ehrung von Farina, keine Kranzniederlegung für Farina zum Totensonntag, Abnahme seines Portraits und keine Rückbenennung der Farinastraße, wie es von einer Gegeninitiative, nach der Umbenennung der Straße in „Am Stadtwald“ gefordert worden war (die AZ berichtete). Otto Lukat hat derweil die Uelzener Geschichte gestern Mittag umgehend wieder vervollständigt: Er hängte die Bilder von Farina, Sievers und Krüger kurz nach der Aktion der Bündnisse wieder an ihre Plätze im VA-Saal.

Quelle:
http://www.az-online.de/lokales/landkreis-uelzen/uelzen/uelzener-buendnis-gegen-rechts-haengt-bild-ehemaligen-buergermeisters-johann-maria-farina-2310029.html