[AZ] Leserbrief: Zweifelhafte Einstellung

Leserbrief zur Berichterstattung über die geplante Gedenkveranstaltung des „Bündnisses gegen Rechts“ und die Auseinandersetzungen mit der Stadt Uelzen:.

Dass Bürgermeister Otto Lukat, Jurist und aus Hamburg, wenn es gegen Rechts geht, inzwischen einen zweifelhaften Ruf genießt, hat sich über Uelzens Grenzen hinaus herumgesprochen. Dem „Bündnis gegen Rechts“ als Ausrichter einer Gedenkveranstaltung für die von den Nazis gedemütigte, denunzierte und verfolgte Familie Hermine und Dr. Rudolf Becker zu versagen mit der lächerlichen Begründung, Organisationen, die in irgendeiner Form einen politischen Anstrich haben, dürften den Ratssaal nicht benutzen, ist nur die Spitze des Eisbergs des politischen Chamäleons Otto Lukat.

Erstens: Einerseits schreibt er sich in Uelzen die Aktion „Stolpersteine“ zugute, und dass es jährlich im November eine kulturelle Gedenkfeier für NS-Opfer gibt. Andererseits hat er im Zusammenhang mit der ehemaligen Initiative „Keine Nazi-Straßennamen in Uelzen“ eine mehr als fragwürdige Rolle gespielt, woran hier in dem aktuellen Kontext erinnert werden muss. Worum ging es da? H.C. Seebohm, Namensgeber der ehemaligen Seebohmstraße, hatte sich während der NS-Zeit in großem Stil an zuvor arisiertem jüdischen Vermögensbesitz schamlos bereichert. J.M. Farina, Namensgeber der ehemaligen Farinastraße, von Beruf Verwaltungsjurist und vor und während der NS-Zeit Uelzens Bürgermeister, hat daran mitgewirkt, dass Ratsherren von KPD und SPD im Mai 1933 in „Schutzhaft“ ins KZ Moringen deportiert wurden. Diese und andere Verbrechen des Farina hinderten Lukat nicht daran, in aller Öffentlichkeit eine Lanze für ihn zu brechen: Farina habe seine Verdienste um das Wohl der Stadt, für die er viel geleistet habe. Im übrigen sei es der Tragik der Geschichte geschuldet, sich zwangsläufig auf den Nationalsozialismus mit dem Führer Adolf Hitler eingelassen zu haben. Den Ratsdamen und -herren, die für die Beibehaltung der Nazi-Straßennamen im Stadtrat votierten, zolle er seinen Respekt.

Zweitens: Als es darum ging, die Nazi-Straßennamen gegen neue Straßennamen umzutaufen und Uelzens Bürger aufgerufen waren, Namensvorschläge einzureichen – worunter auch Namen von NS-Opfern waren – erklärte Otto Lukat, er sei dagegen, weil das eine Überforderung von Uelzens Bürgern in den beiden Straßen sei, die ja bereits hätten hinnehmen müssen, dass die Nazi-Straßennamen aberkannt worden seien.

Drittens: Die Umbenennung der Farinastraße hinderte die Verwaltung der Stadt Uelzen unter ihrem Bürgermeister Lukat bis 2011 nicht daran, jährlich am Totensonntag den verstorbenen NS-Bürgermeister Farina durch eine offizielle Kranzniederlegung mit der Aufschrift „Zum Gedenken – Stadt Uelzen“ an seinem Grab zu ehren.

Viertens: Anfang 2011 initiierte der CDU-Ratsherr Peter Lücke ein offizielles Bürgerbegehren, den ehemaligen Nazi-Straßennamen Farinastraße wieder einzuführen. Lukat begrüßte das ausdrücklich: Das sei ein spannendes Mittel der Bürgerbeteiligung.

Fünftens: Im Mai 2012 starteten aufrechte Demokraten einen symbolischen Akt des zivilen Ungehorsams, indem sie aus Uelzens Bürgermeisterchronik im Rathaus das Bild von Farina aus der Ahnengalerie der ehrenwerten Bürgermeister Uelzens abhängten, es in einen braunen Müllsack stopften und ihn zwecks „Entsorgung“ Herrn Lukat überreichten. Lukats erste Reaktion: Er werde die Aktivisten wegen Verletzung seines Hausrechts anzeigen; später verzichtete er aus taktischen Gründen allerdings darauf mit der Begründung, weil er keine Märtyrer schaffen wolle.

Wir wollen es bei diesen „Verdiensten“ des SPD-Bürgermeisters Lukat und seiner Ehrung des Ansehens des linientreuen Nazi Farina belassen, und dass er sich jetzt mit dem Raumvergabeverbot an das „Bündnis gegen Rechts“ und seinen taktischen Spielchen zum nunmehr wiederholten Male ideologisch als grenzwertiger Demokrat selbst entlarvt hat. Und das auf dem Hintergrund der NSU-Morde. „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem er kroch“.

Jürgen Rattay,

22177 Hamburg