[AZ] Ein Weg gegen das Vergessen

Uelzener erinnern an Opfer des Nationalsozialismus

In Uelzen haben Nazis keine Chance.“ Das ist die Botschaft vieler Menschen, die sich am Samstag, 75 Jahre nach dem Novemberpogrom, in Uelzen auf den Weg gegen das Vergessen machten. Angetrieben von der Fassungslosigkeit des damaligen Geschehens und der Wut, dass es immer noch Menschen gibt, die autoritäre Systeme unterstützen.
Schon am Mittag hatte sich eine erste Gruppe, vom Uelzener „Bündnis gegen Rechts“ zum „Waschtag“ aufgerufen, auf diesen Weg gemacht. Mit Putzlappen, Bürsten, Aceton und frischer Farbe rückten sie dem „braunen Dreck“ zu Leibe. Nazi-Schmierereien verschwanden so aus dem Stadtbild. „Wir alle sind aufgefordert, wachsam zu sein und uns diesem Keim zu widersetzen“, meinte Bürgermeister Otto Lukat über das bürgerschaftliche Engagement.
Nach getaner Arbeit schloss sich die „Wasch-Truppe“ einer zweiten Gruppe an, die mit Dietrich Banse die Straßen in Uelzen aufsuchte, in denen jüdische Mitbürger bedrängt, gedemütigt und verschleppt worden waren.
Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt sich Banse mit den Juden in Uelzen, schrieb einige Bücher. Auf seinem Weg gegen das Vergessen am Samstag berichtete er den Begleitern von
Begegnungen mit Zeitzeugen, die er in den USA besuchte. In der Gudesstraße, Schmiedestraße, Brückenstraße und Lüneburger Straße erläuterte Banse, wie die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung sich in einfachen alltäglichen Handlungen unter den Augen aller realisierte. Bis dann am 9. November 1938 in Uelzen „die Schaufenster des Kaufmanns Wilhelm Horwitz in der Alewinstraße 30 eingeschlagen wurden“ und alle jüdischen Männer und Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 82 Jahren schließlich verhaftet und in die Konzentrationslager verschleppt worden seien. „Nach 1938 hat kein jüdischer Mitbürger freiwillig Uelzen verlassen.“, erklärte Banse.
Beklommenheit bestimmte die anschließende Mahnwache am Mahnmal auf dem Herzogenplatz mit Kranzniederlegung im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Die Namen der Opfer wurden einzeln verlesen. Die Beklommenheit wich nicht, als im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Als die Synagogen brannten“ in der St. Marienkirche die Lesung mit Musik begann. Schauspieler Rolf Becker las aus einer Erzählung über das Leben eines mutigen wie verzweifelten jüdischen Jugendlichen und Kantor Erik Matz begleitete die Zeilen mit Teilen seiner Bearbeitung von Michael Tippets „A Child Of Our Time“.

Quelle:
Allgemeine Zeitung (AZ) Uelzen, 11. November 2013